Fortbildung: Mit Führungen die Zukunft der Kirche mitgestalten

Seit zwölf Jahren bildet das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd (eeb) Interessierte zu Kirchenführerinnen und Kirchenführern aus. Andrea Schilberz ist eine von bislang mehr als 80 Teilnehmenden – und sich sicher: Diese Ausbildung kann eine große Chance für Kirchen sein.

„Kirchen gibt es alle paar Hundert Meter, aber kaum einer geht hinein und weiß sie zu schätzen“, sagt Andrea Schilberz. Dabei seien sie ein bedeutsames Kulturgut und stünden für wichtige Werte. „Deshalb müssen sie den Menschen wieder nähergebracht werden“, betont die 54-Jährige. Weil sie selbst einen Teil zu diesem Unterfangen beitragen möchte, hat sie sich zur Kirchenführerin ausbilden lassen.

Kunsthistorische und theologische Kenntnisse

Damit gehört sie zu den mehr als 80 Personen verschiedener Konfessionen, die das eeb seit 2008 für die Leitung von Kirchenführungen gerüstet hat. Schilberz war Teil des 17-köpfigen Kurses 2019/20. Angeleitet wurden die Frauen und Männer von Pfarrerin und Bildungsreferentin Margit Büttner sowie Dr. Claudia Schittek, Pädagogin und Kirchenführerin. Über einen Zeitraum von zirka 16 Monaten trafen sie sich zu Workshops. Vermittelt wurden ihnen – auch von Gastreferentinnen und -referenten – kunsthistorische, theologische und pädagogische Kenntnisse.

Andrea Schilberz (siebte von rechts) war Teil des Kurses 2019/20.

Von der Dorfkapelle bis zur Kathedrale

Die Ausbildung führte die Teilnehmenden zu kleinen Dorfkapellen und großen Kathedralen. „Diese Orte haben wir uns dann anhand eines Themas genauer angeschaut“, erläutert Schilberz. In Pfalzfeld etwa, wo unmittelbar an der Kirche ein Friedhof ist, sei es um Bestattungskultur gegangen. Und die Gruppe war unter anderem mit einem Kunsthistoriker unterwegs. „Uns wurde beigebracht, wie architektonische Details gelesen werden können“, berichtet Schilberz, um letztlich den Inhalt der Ausbildung auf den Punkt zu bringen: „Sie liefert Handwerkszeug, wie Kirche aus verschiedenen Blickwinkeln erfahrbar gemacht werden kann.“

Zur individuellen Führung ermutigt

Diese Mischung aus Theorie und Praxis hat es Schilberz besonders angetan. Zudem seien der Austausch untereinander und die Ermutigung zur individuellen Führung gewinnbringend gewesen. Denn es gehe keineswegs darum, eine bestimmte Norm zu erfüllen, sondern vielmehr darum, etwas authentisch herüberzubringen. „Nur so lassen sich Menschen für Kirchen begeistern“, ist sie überzeugt.

„Das hat mir den Weg zurück in die Kirche geebnet“

Dabei fühlt sich die ehemalige Katholikin an ihre eigene Glaubensgeschichte erinnert. „Wenn mir vor fünf Jahren jemand gesagt hätte, dass ich noch mal in die Kirche gehe, hätte ich das für ein Hirngespinst gehalten.“ Doch dann kam es ganz anders. „Eine Verwandte nahm mich mit zu einem Glaubenskurs in der Evangelischen Gemeinde in Bendorf“, blickt sie zurück. Es folgte ein Gottesdienstbesuch. „Ich habe mich sofort wohlgefühlt, die Atmosphäre war eine ganz andere als ich es aus meiner katholischen Gemeinde kannte.“ Alles, was sie vorher gestört habe, etwa das Absolute, habe es dort nicht gegeben. „Hier wird Glaube lebendig gelebt und miteinander ausdiskutiert. Das hat mir den Weg zurück in die Kirche geebnet.“

Berührungsängste nehmen

Nicht nur, aber auch wegen ihrer eigenen Geschichte ist sich Schilberz deshalb sicher, dass die Fortbildung eine Chance für Kirchen sein kann. „Mit solchen Führungen können kirchenferne Menschen ermutigt werden, einfach mal in eine Kirche einzutreten.“ Wichtig sei, ihnen zu vermitteln, dass sie dafür weder etwas wissen noch irgendwelche Voraussetzungen erfüllen müssten. „Das Entscheidende ist, Berührungsängste zu nehmen. Wenn das funktioniert, kann das eine Initialzündung für Menschen sein, einen Schritt auf die Kirche zuzugehen.“

Im August 2019 traf sich die Gruppe zu einem Workshop in der Evangelischen Christuskirche Andernach.

Neuer Kurs beginnt im April 2021

Seit Kurzem kann Schilberz diesbezüglich selbst aktiv werden. Denn im August erhielt sie mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern das Zertifikat des Bundesverbandes Kirchenpädagogik. Auf ihren ersten Einsatz als Kirchenführerin muss die 54-Jährige aufgrund der Corona-Bestimmungen jedoch noch warten. In der Zwischenzeit hofft sie, dass möglichst viele Menschen ebenfalls die Ausbildung absolvieren. Eine Chance dazu gibt es schon bald. Denn die Anmeldephase für den im April 2021 beginnenden Kurs läuft bereits. „Wer sich unsicher ist, kann unverbindlich zu einem Schnuppertag gehen. Das habe ich auch gemacht – und wollte dann unbedingt dabeibleiben.“

Info: Anmeldung zum Kurs 2021/22

Das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd bietet erneut eine zertifizierte Ausbildung zum Kirchenführer/zur Kirchenführerin an. Der Kurs beginnt im April 2021 und endet im Juli 2022. An 13 Samstagen und einem Wochenende werden die Teilnehmenden in Theorie und Praxis intensiv geschult und auf die Durchführung eigener Kirchenführungen vorbereitet. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Vor einer endgültigen Entscheidung zur Teilnahme an der Ausbildung kann man unverbindlich am ersten Kurstag (17. April 2021) teilnehmen. Weitere Informationen und Anmeldung gibt es hier oder beim Evangelischen Erwachsenenbildungswerk Rheinland-Süd, Außenstelle Koblenz, Mainzer Str. 81, 56075 Koblenz, Telefon: 0261 9116164, E-Mail: mbuettner@eeb-sued.de.

  • 10.11.2020
  • Andreas Attinger
  • Andrea Schilberz, Thomas Müller